Dauerbrenner „Krankenanstalten-Haftung“ – Viele kleine Fehler können (auch) schwerwiegende Folgen haben

Sehr geehrte Klientinnen und Klienten,

Mehrere kleine Fehler können (auch) schwerwiegende Folgen haben. Diese Erkenntnis manifestiert sich wieder einmal in einer höchstgerichtlichen Entscheidung in der die Haftung eines Krankenanstaltenträgers für einen ärztlichen „Kunstfehler“ in einem seiner Häuser ausgesprochen wurde.

In der Entscheidung zu 8 Ob89/20z vom 28.01.2021 hat der Oberste Gerichtshof (OGH) einmal mehr bestätigt, „dass eine Vielzahl von Nachlässigkeiten und Unvorsichtigkeiten, von denen jede für sich die Gefahr eines Schadens erhöht, zur Haftung wegen grober Fahrlässigkeit führen kann.“

Vorausgegangen war dieser Entscheidung der Tod eines Patienten, der infolge einer zu spät erkannten und dadurch zu spät behandelten inneren Blutung nach einer (zunächst fachgerecht) durchgeführten Blinddarmoperation in einem Krankenhaus verstarb. An dem post-operativen Rettungsversuch beteiligt waren drei Ärzte, denen man vorwarf, falsch oder nicht schnell genug reagiert zu haben.

Die Angehörigen des verstorbenen Patienten klagten den Anstaltsträger daraufhin auf Schadenersatz und Schmerzengeld und bekamen teilweise auch Recht. Abgelehnt wurde in den Unterinstanzen hingegen ein (nicht unerheblicher) Anspruch auf Trauerschäden der Hinterbliebenen. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass bei den handelnden Personen kein grobes Verschulden vorgelegen habe.

Dies sah der OGH anders. Dabei ging er gar nicht ausdrücklich auf die Frage ein, ob im gegenständlichen Fall „eine Vielzahl von Nachlässigkeiten und Unvorsichtigkeiten“ vorlag. Denn er hielt (entgegen den Unterinstanzen) schon das Verhalten eines Arztes (von mehreren beteiligten) für grob fahrlässig. Dennoch lässt die gegenständliche Entscheidung vermuten, wie er diese Frage beantwortet hätte.

Die Lehren aus dieser Entscheidung: Selbst, wenn in einer arbeitsteiligen Struktur jeder der Beteiligten nur einen leichten Fehler macht, so kann die Summe daraus dennoch zu einem höheren Verschuldensgrad und damit zu einer größeren Haftung führen. In einer solchen arbeitsteiligen Struktur ist daher stets darauf zu achten, dass die Abläufe bei einer Mehrzahl von Prozessbeteiligten rasch und zuverlässig erfolgen. Die Verantwortlichkeit dafür liegt beim Anstaltsträger.

 

Mit besten Grüßen/best regards

Dr. Michael Straub LL.M.

Rechtsanwalt/Attorney at law

Fachschwerpunkte: Medizin, Krankenanstalten, Unternehmen

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