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Rechtliche Stolpersteine der Telemedizin in MEDIZIN & RECHT

Gerade in Zeiten von Covid-19 erfolgen ärztliche Diagnosen und Behandlungen immer öfter in räumlicher und zeitlicher Distanz zu den Patienten. Doch wie sind die rechtlichen Rahmenbedingungen? Reichen diese für telemedizinische Behandlungen aus? Oder besteht mitunter ein Haftungsrisiko?

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Autor: Dr. Michael Straub LL.M. ist Rechtsanwalt in Wien mit den Schwerpunkten Medizin- und Unternehmensrecht.

Fachbeitrag: Rettungsschirm für Gesundheitseinrichtungen infolge der Corona-Krise

Wer kommt eigentlich für die Einkommensverluste der Gesundheitseinrichtungen infolge der Corona-Krise auf?

Viele private Gesundheitseinrichtungen – von der Einzelordination bis zur Privatklinik – erlitten infolge der Corona-Krise herbe Umsatzeinbußen. Die Einkommensverluste von Einrichtungen der öffentlichen Hand deckt in aller Regel diese (Stichwort: Abgangsdeckung). Doch wie steht es um private Gesundheitsdienstleister, die Ihre Einrichtungen während der Corona-Krise offen halten mussten? Die Patienten blieben während des Lock-Down überwiegend aus. Manche Einrichtungen erlebten einen Patientenrückgang von 70% und mehr. Vereinzelt hatten private Einrichtungen Sondervereinbarungen mit der öffentlichen Hand zur Unterstützung für Corona-Fälle. Für die überwiegende Mehrheit dürfte der Betrieb während des Lock-down jedoch nicht kostendeckend gewesen sein, weil sie kaum Patientenhonorare vereinnahmen oder mit der Gesundheitskasse abrechnen konnten. Der folgende Beitrag fasst die Möglichkeiten zusammen, welche Ansprüche private Gesundheitseinrichtungen dennoch haben könnten.

  1. Anspruch auf Verdienstentgang

Über die Möglichkeit Verdienstentgang vom Staat nach dem vielzitierten „Epidemiegesetz“ zu fordern, der infolge einer behördlichen Schließung von Betriebsstätten – im Gesundheitsbereich waren dies vor allem Kur- oder Rehabilitationseinrichtungen – entstanden ist, wird viel diskutiert. Die einen sind der Meinung, dass diese Möglichkeit nicht besteht, weil die von der Regierung während des Lock-downs angeordneten oder durch diese bedingten Beschränkungen (überwiegend) nicht auf dem Epidemiegesetz, sondern auf einem eigenen Gesetz (dem sog. „COVID-19-Maßnahmengesetz“) beruhen, das (im Gegensatz zum Epidemiegesetz) keinen Verdienstentgang bei Betriebsschließungen vorsieht. Andere wiederum sind der Meinung, dass die Regierung mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz die Bestimmungen über den Verdienstentgang des Epidemiegesetzes ausgehebelt hat. Daher hätten behördlich geschlossene oder beschränkte Betriebe sehr wohl einen Anspruch auf Verdienstentgang. Die Klärung der beiden Ansätze wird noch die Rechtsprechung beschäftigen

Ein Teil der Literatur zu diesem Thema tendiert dazu (m.E. nachvollziehbar), dass es keine Rolle spielt, auf welcher der beiden Rechtsgrundlagen (Epidemiegesetz oder COVID19-Maßnahmengesetz) Gebietssperren und Betriebsbeschränkungen erlassen wurden, um einen Anspruch auf Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz zu begründen (wenngleich ein ausdrücklicher Bezug einer Beschränkung auf das Epidemiegesetz natürlich ein unzweifelhaftes Indiz für einen Anspruch nach genau diesem Gesetz darstellt).Für Unternehmen, die durch Gebietsschließungen oder Betriebsbesränkungen Einkommensverluste erlitten haben, bestehen daher durchaus gute (manche sagen: die besseren) Argumente, Ansprüche auf Verdienstentgang von staatlicher Seite geltend zu machen. Dies hat gerade auch die niedergelassenen Gesundheitsberufe und privaten Krankenanstalten getroffen, weil die Ausgangsbeschränkungen so restriktiv formuliert waren, dass der Weg zum Arzt oder in die Krankenanstalt im Zweifel unterlassen wurde. Für die niedergelassenen Gesundheitsberufe und privaten Krankenanstalten empfiehlt sich daher eine genaue Prüfung der Ansprüche auf Verdienstentgang, wobei auf die Kurzfristigkeit der Möglichkeit zur Geltendmachung hingewiesen wird. Diese beträgt lediglich sechs Wochen ab Aufhebung der behördlichen Maßnahmen.

  1. Förderungen nach den Corona-Hilfspaketen

Wem die Anspruchsdurchsetzung eines Verdienstentgangs zu unsicher ist, stellt sich die Frage, welche Hilfsmaßnahmen Gesundheitsbetriebe zeitnah sonst in Anspruch nehmen können. Für einige Branchen, wie etwa Non-profit-organisationen (NPOs) oder die Kultur gibt es mittlerweile sektorenspezifische Hilfspakete. Solche gibt es für die private Gesundheitswirtschaft – soweit ersichtlich – bis dato nicht. Wohin können sich private Gesundheitsanbieter daher mit Ihren Verlusten wenden? Die Antwort lautet: an die Fördereinrichtungen bzw. Abwickler des Bundes und der Länder. Denn für Gesundheitsdienstleister gelten grundsätzlich dieselben Richtlinien für Zahlungen aus den Corona-Hilfspaketen der öffentlichen Hand, wie für alle anderen Branchen. Ein möglicher Nachteil dieses Wegs: Die finanzielle Unterstützung durch die Hiflspakete bildet im Gegensatz zum Verdienstentgang keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch.

Dem Vernehmen nach verlief die Inanspruchnahme von Hilfsgeldern durch betroffene Unternehmen bis dato nicht immer ganz reibungslos. Zu unklar war für viele Unternehmen – gerade im Gesundheitsbereich -, welche Hilfspakete es für sie gab, ob sie überhaupt anspruchsberechtigt waren und falls ja, welche Schritte erforderlich waren, um Hilfsgelder zu erhalten. Für private Gesundheitseinrichtungen kann allerdings gesagt werden, dass diese grundsätzlich dieselben Hilfspakete in Anspruch nehmen können, wie alle anderen Sektoren. Welches Paket für eine Gesundheitseinrichtung allerdings in Betracht kommt, hängt vom Einzelfall ab. Maßgebliche Kriterien sind etwa die Eigenschaft des Trägers (Öffentlich, Privat oder Beides), die Größe der Einrichtung (der sog. Härtefallfond richtet sich etwa primär an Kleinstunternehmen) und die Rechtsbeziehungen zu anderen Systempartnern (wie etwa den Gesundheitskassen). Es empfiehlt sich daher eine genaue Prüfung des jeweiligen Einzelfalls. Der Aufwand dafür lohnt sich aber womöglich.

Autor: Dr. Michael Straub LL.M. ist Rechtsanwalt in Wien mit den Schwerpunkten Medizin- und Unternehmensrecht.

Tatsächlich noch geltende COVID19-Beschränkungen

Seit Samstag, 13. Juni 2020 wurden die COVID19-Beschränkungen per Verordnung durch Bundesminister Anschober weiter gelockert. Einiges davon wurde bereits medial kolportiert. Teilweise war die Berichterstattung über die Lockerungen allerdings nicht ganz präzise. Mittlerweile ist die Rechtslage außerdem recht unübersichtlich. Was gilt noch, was nicht mehr? Zusammengefasst entfällt vielerorts die Maskenpflicht. Dafür gilt praktisch überall nach wie vor die Ein-Meter-Abstandsregel. Von dieser gibt es nur ganz wenige Ausnahmen (etwa im Sport).   

Es wird empfohlen, die Rechtslage genau zu prüfen. Die Erfahrung im Umgang mit den COVID19-Rechtsvorschriften zeigt, wie wichtig es ist, sich mit den rechtlichen Begriffen (z.B. dem des „öffentlichen Ortes“) auseinanderzusetzen und ähnliche Begriffe (wie z.B. jenen eines „Kongresses“ oder von „Fach- und Publikumsmessen“) strikt auseinanderzuhalten, weil es für diese mitunter unterschiedliche Regelungen gibt. Der folgende Beitrag fasst den Status der tatsächlich noch geltenden Beschränkungen für ausgewählte Bereiche zusammen:

Nur noch vereinzelte Maskenpflicht an öffentlichen Orten

Das eigene Haus oder die eigene Wohnung zu verlassen, ist und war angeblich selbst während der striktesten COVID19-Beschränkungen nie verboten. Darüber kann man geteilter Meinung sein und es wird mitunter noch darüber diskutiert werden, wie die anfänglichen Beschränkungen tatsächlich auszulegen waren. Kernbeschränkung damals war das Verbot, öffentliche Orte (das sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden können) zu betreten. Beim Betreten öffentlicher Orte ist mittlerweile grundsätzlich nur noch ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, uzw. unabhängig davon, ob sich dieser öffentliche Ort im Freien (z.B. in öffentlichen Parks oder Straßen) oder in geschlossenen Räumlichkeiten (z.B. in einem Bahnhofsgebäude) befindet. Eine Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanischen Schutzvorrichtung (vereinfacht „Maskenpflicht“) besteht an öffentlichen Orten grundsätzlich nicht mehr. Davon gibt es allerdings Ausnahmen (siehe sogleich)

 

Abstandsregel statt Maskenpflicht in Geschäften

Beim Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, – von Ausnahmen abgesehen – nur noch ein Abstandvon mindestens einem Meter einzuhalten. Die Maskenpflicht entfällt grundsätzlich auch hier. Ausnahmen bestehen jedoch für Apotheken (hier besteht weiterhin Maskenpflicht für Kunden und Personal) sowie bei Dienstleistungen, bei denen aufgrund ihrer Eigenart kein Mindestabstand von einem Meter eingehalten werden kann (z.B. bei Friseuren). Bei diesen Dienstleistungen müssen zwar die Kunden keine Masken (mehr) tragen, aber die Dienstleister müssen (wie schon bisher) geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen, um das Infektionsrisiko zu minimieren (vielerorts geschieht dies durch Schutzmasken oder -visiere).

 

Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz (auch in Betriebsfahrzeugen) 

Unverändert (zum Stand 1. Mai 2020) geblieben sind die Beschränkungen am Ort der beruflichen Tätigkeit (vereinfacht „Arbeitsplatz“). Hier gilt weiterhin die Ein-Meter-Abstandsregel oder die Pflicht zur Ergreifung geeigneter Schutzmaßnahmen gegen das Infektionsrisiko (wenn der Ein-Meter-Abstand nicht eingehalten werden kann). Diese Regel gilt auch in Fahrzeugen des Arbeitgebers während der Arbeitszeit.

 

Mehr Personen bei Fahrgemeinschaften und beim Gelegenheitsverkehr zulässig

Die Maskenpflicht für die gemeinsame Benützung von Kraftfahrzeugen durch Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, also etwa in Taxis, Fahrschulautos oder Fahrgemeinschaften ist gefallen. Vorgeschrieben ist lediglich, dass in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert werden. Bei einem zweireihigen PKW sind dies bis zu vier Personen. Die Lockerungen gelten etwa auch Bord von Luftfahrzeugen, welche nicht als Massenbeförderungsmittel gelten (z.B. Flugschulen oder Bedarfsflugunternehmen).

 

Keine Maskenpflicht für Gäste und spätere Sperrstunde im Gastgewerbe

Betreiber von Gaststätten dürfen aktuell bis 01.00 Uhr (statt 23.00 Uhr des Vortags) offen halten. Maskenpflicht besteht nur noch für das Personal. Selbst beim Betreten des Lokals bis zum Tisch (juristisch: „Verabreichungsplätze“) müssen Gäste keine Masken mehr tragen (lediglich einander fremde Gäste müssen Abstand zueinander halten). Ansonsten gelten dieselben Auflagen wie zuletzt, wie etwa die Platzierungspflicht in Lokalen (außer im Freien), die Ein-Meter-Abstandsregel bzw. Schutzvorrichtungen (etwa durch Trennwände) zwischen den Tischen oder die eingeschränkte Selbstbedienung (zulässig nur bei Ausgabe durch das Personal oder in Form von vorportionierten und abgedeckten Speisen und Getränken).

 

Maskenpflicht entfällt auch in Hotels

Gäste und Personal müssen in Beherbergungsbetrieben keine Masken mehr tragen. Zwischen Gästen und Personal sowie zwischen Gästen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, gilt nach wie vor die Ein-Meter-Abstandspflicht. Ansonsten gelten auch bei Beherbergungsbetrieben dieselben Auflagen wie zuletzt, die zum Teil an jene der Gaststätten angelehnt sind.

 

Bei Veranstaltungen ist zu unterscheiden

Veranstaltung ist nicht gleich Veranstaltung. Als „Veranstaltungen“ gelten nach der COVID19-Lockerungsverordnung etwa kulturelle Veranstaltungen oder Sportveranstaltungen, Hochzeiten, Begräbnisse, Filmvorführungen, Ausstellungen, Vernissagen oder Kongresse. Fach- und Publikumsmessen zählen nicht dazu und werden gesondert geregelt. Während „Veranstaltungen“ mit mehr als 100 Personen derzeit noch untersagt sind (wobei sich die Anzahl ab 1. Juli 2020 auf 250 Personen indoor und 500 Personen outdoor  und ab 1. August 2020 auf 500 Personen indoor und 750 Personen outdoor, mit Genehmigung der Behörden dann sogar auf 1000 indoor und 1250 outdoor erhöht) sind Fach- und Publikumsmessen bereits jetzt ohne Beschränkung der Besucheranzahl zulässig. Allerdings sind Fach- und Publikumsmessen von der Behörde vorab zu genehmigen. Voraussetzung für die Genehmigung ist u.a. die Bestellung eines COVID19-Beauftragten und die Ausarbeitung eines COVID19-Präventionskonzepts. Für einen COVID19-Beauftragten und ein COVID19-Präventionskonzept haben jedoch auch „Veranstalter“ zu sorgen. Die Ein-Meter-Abstandspflicht und eine Maskenpflicht gelten sowohl für Besucher von Veranstaltungen (dort vom Betreten des Veranstaltungsortes bis zum Erreichen des Sitzplatzes) als auch von Fach- und Publikumsmessen (dort für Besucher und Aussteller wo der Mindestabstand nicht eingehalten oder eine räumliche Trennung nicht durch andere Maßnahmen herbeigeführt werden kann).

 

Autor: Dr. Michael Straub LL.M. ist Rechtsanwalt in Wien mit den Schwerpunkten Medizin- und Unternehmensrecht.