Für die Gesundheitswirtschaft wird 2019 aus rechtlicher Sicht (wieder) ein spannendes Jahr. Während die Krankenanstaltenrechts-Novelle 2018 zuletzt für Aufregung aufgrund von Sonderklassegebühren für Ambulanzleistungen sorgte, blieb ansonsten medial bislang wenig beleuchtet, dass den Spitalsbetreibern – teils willkommene, teils kritisierte – Reorganisationsmöglichkeiten in ihren Häusern zur Verfügung stehen. Für die Ärzteschaft durchwegs erfreulich dagegen dürfte die künftige Möglichkeit sein, Ärzte bei Ärzten anstellen zu dürfen, was bislang de facto nicht möglich war. Ebenso erfreulich für Mediziner ist, dass der Gesetzgeber das Haftungspotential von Ärztinnen und Ärzten, die Sterbende betreuen – also konkret der Palliativmediziner – zu verringern beabsichtigt. Der folgende Beitrag schafft einen Überblick über die wichtigsten Neurungen zur KAKuG-Novelle, zur Ärztegesetz-Novelle, zu Patientenverfügungen und weiteren Themen im Gesundheitswesen.
Krankenanstaltenrechts-Novelle 2018: neue Organisationsstrukturen
In Anpassung an den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG 2017) wird das Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) novelliert. Kernstück der Novelle sind Änderungen bei den Formen der Organisation in Spitälern. Diese soll positive Effekte für Spitalsbetreiber mit sich bringen.
Mit den Neuregelungen wird mehr Transparenz und Rechtsklarheit angestrebt. Eine modulare Zusammensetzung von Krankenanstalten soll eine höhere Flexibilität bei der Gestaltung einer Angebotsstruktur für die jeweiligen Standorte bringen. Prozessorientierte Betriebsformen, höhere Planbarkeit sowie geringere Verweildauern sind weitere Attribute die der Gesetzesnovellierung zugeschrieben werden. Mit den neu strukturierten Betriebs- und Organisationsformen soll dem patientenspezifischen Bedarf auch bei längeren Rekonvaleszenz-Phasen entsprochen werden. Damit soll diejenige Versorgungsform genutzt werden können, die dem jeweiligen fallspezifischen Bedarf (Patientenstatus und Behandlungser-fordernis) am besten entspricht. Daraus ergeben sich als innerbetriebliche Optimierungsaufgaben ein entsprechendes Patienten- und Belegungsmanagement und daraus folgend eine Anpassung bzw. Redimensionierung des vollstationären Bettenangebots in den Akut-Krankenanstalten und dessen allfällige bedarfsorientierte Umwidmung beispielsweise in Einrichtungen für Übergangs- und Kurzzeitpflege.
Die Spitalsbetreiber im Land werden zweckmäßigerweise prüfen, ob die Organisationsstrukturen in ihren Spitälern künftig rechtskonform gestaltet sind bzw. das Potential zur Optimierung ihrer Organisation bestmöglich ausgenutzt wurde. Die neuen (Grundatz)Bestimmungen müssen nun in der jeweiligen Landesgesetzgebung umgesetzt werden. Die Bundesländer haben ab Kundmachung der Novelle (demnächst) sechs Monate Zeit. Mit Blick auf diesen Zeithorizont empfiehlt es sich für die Spitalsbetreiber, bereits jetzt mit einer Statuserhebung und den Vorbereitungen einer allfälligen Adaptierung in ihren Häusern zu beginnen.
Endlich: Anstellung von Ärzten bei Ärzten
Das neue Ärztegesetz berücksichtigt nun die Forderung nach einer klaren gesetzlichen Regelung, Ärzte bei Ärzten anstellen zu dürfen. Mit der Novelle wird nun die Möglichkeit geschaffen, dass zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärztinnen/Ärzte in Ordinationsstätten oder in Gruppenpraxen (einschließlich Lehrpaxen bzw. Lehrgruppenpraxen) angestellt werden dürfen. Höchstzulässiger Umfang: Ein sog. Vollzeitäquivalent (= 40 Wochenstunden) für Ordinationsstätten und zwei Vollzeit-äquivalente (= 80 Wochenstunden) für Gruppenpraxen. Ausnahme: Primärversorgungseinheiten (PVE); In diesen kann im Einklang mit dem regionalen Strukturplan Gesundheit und dem Primärversorgungsvertrag eine größere Anzahl von Ärztinnen/Ärzten mit höheren Vollzeitäquivalenten angestellt werden. Die Anstellung darf nur im Fachgebiet der Ordinationsstätteninhaberin/des Ordinationsstätteninhabers oder der Gesellschafterinnen/Gesellschafter der Gruppenpraxis erfolgen. Achtung für die Praxis: Gesellschafterinnen/Gesellschafter einer Gruppenpraxis bleiben trotz Anstellung maßgeblich zur persönli-chen Berufsausübung verpflichtet. Außerdem war: die Ärztegesetz-Novelle bei Redaktionsschluss dieses Beitrags noch nicht kundgemacht und war daher noch nicht Inkraft getreten.
Upgrade: neue Ausbildung für Notärzte
Derzeit regelt das Ärztegesetz die notärztliche Qualifikation durch Absolvierung eines notärztlichen Lehrgangs im Umfang von 60 Einheiten abschließend. Mit der Ärztegesetz-Novelle 2018 soll die notärztliche Qualifikation qualitativ weiter verbessert und neu konzipiert werden. Für die notärztliche Qualifikation ist zukünftig Folgendes erforderlich: Erstens, der Erwerb klinischer notärztlicher Kompetenzen im Rahmen einer zumindest dreijährigen ärztlichen Berufsausübung. Zweitens, die Absolvierung eines notärztlichen Lehrgangs von zumindest 80 Lehreinheiten. Drittens, die Teilnahme an zumindest 20 notärztlichen Einsätzen, und viertens, die Absolvierung einer theoretischen und praktischen Ab-schlussprüfung. Notärztlich qualifizieren lassen können sich neben Ärztinnen/Ärzten für Allgemeinme-dizin oder Fachärztinnen/Fachärzten eines klinischen Sonderfaches (ausgenommen bestimmte klinische Sonderfächer) nunmehr auch Turnusärztinnen/Turnusärzte in Ausbildung (neu).
Haftungsfalle: Ärztliche Beistandspflicht für Sterbende
Der Fall eines Arztes in Salzburg hat zuletzt gezeigt, dass große Unsicherheit bei Ärztinnen/Ärzten in Bezug auf rechtskonformes Verhalten bei der Behandlung von Sterbenden besteht. Dem Arzt wurde zur Last gelegt, einer 79-jährigen Patientin so viel Morphin verabreicht zu haben, dass sie daran starb. Wenngleich schlussendlich ein Freispruch erfolgte, blieb Verunsicherung zurück. Daher wurde eine neue Regelung geschaffen, wonach Ärztinnen und Ärzte einerseits verpflichtet sind, Sterbenden, die von ihr/ihm in Behandlung übernommen wurden, unter Wahrung ihrer Würde beizustehen. Andererseits ist es in dem Zusammenhang jedoch zulässig, im Rahmen palliativmedizinischer Indikationen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen überwiegt. Durch die Worte „Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen“ soll keine Rechtsgrundlage für Euthanasie geschaffen werden. Es handelt sich dabei vielmehr um eine indizierte ärztliche Maßnahme bei einem laufenden Sterbeprozess. Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Maßnahme lässt sich allerdings nicht pauschalieren, sondern bleibt eine Frage des konkreten Einzelfalls.
Vorsicht: Neue Erhebungspflichten bei Patientenverfügungen
Das Patientenverfügungs-Gesetz wurde ebenfalls novelliert. Einerseits sollten die Rahmenbedingun-gen zur Errichtung einer Patientenverfügung verbessert werden. Andererseits sollten Bestimmungen für eine zentrale Abfragemöglichkeit geschaffen werden. Bezüglich zentraler Abfragemöglichkeit können Patienten künftig Patientenverfügungen in die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) speichern lassen. Für ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter (Krankenanstalten, Ärztinnen und Ärzte usw.) bedeutet dies, dass sie künftig das Vorliegen einer (jeweils aktuellen Version einer) Patientenverfügung in ELGA erheben müssen. Maßgeblich sind für Krankenanstalten, Ärztinnen und Ärzte in Zukunft neben den vor Rechtsanwälten, Notaren und Patientenvertretern nunmehr auch vor Mitarbeitern eines Erwachsenenschutzvereins errichteten Patientenverfügungen.
Autor: Dr. Michael Straub, Rechtsanwalt in Wien mit den Fachschwerpunkten Medizin-, Krankenanstalten und Gesellschaftsrecht. Für weitere Auskünfte und Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.